Eurofighter Typhoon – die wahren Kosten
Dieser Beitrag ist ursprünglich auf doppeladler.com erschienen.
doppeladler.com, 14. Oktober 2020
Geht es um das Reizthema Abfangjäger wird seitens der Politik und in den Medien sehr oft mit falschen Zahlen operiert. Wir haben daher die wichtigsten Zahlen aufbereitet und stützen uns dabei nicht auf Presseinformationen und Gerüchte, sondern auf Angaben aus Rechnungshofberichten und aus parlamentarischen Anfragebeantwortungen. Unterlagen, die mit höherer Sorgfalt erstellt werden als ein Pressetext oder eine Rede.
DIE BESCHAFFUNGSKOSTEN
Nach dem sogenannten Darabos-Vergleich betrugen die Anschaffungskosten für 15 EUROFIGHTER TYPHOON der Tranche I / Block 5 rund 1,709 Mrd. EUR (Gesamtpreis der beiden Kaufverträge vom Juli 2003). Dieser Betrag versteht sich inklusive der Finanzierungskosten, der Simulatorkosten, eines Logistikpakets und der Kosten der für die Wartung und den Flugbetrieb erforderlichen Ausrüstung (Systempreis). Sechs Flugzeuge wurden leicht gebraucht von der Luftwaffe übernommen. Gegenüber dem ursprünglichen Kaufverträgen für 18 Stück fabrikneuen Tranche II / Block 8 in der Höhe von 1,959 Mrd. EUR ergab das eine Reduktion um 250 Mio. EUR. Darüber hinausgehende Einsparungen waren für den Rechnungshof nicht nachvollziehbar. [1]
Vertragsgemäß erfolgte die Zahlung des Kaufpreises ab 2007 in 18 gleichbleibenden Halbjahresraten von jeweils rd. 109 Mio. EUR an die Eurofighter GmbH, wobei 2007 eine doppelte Rate anfiel. Die letzte Rate fiel im Jahr 2014 an. Seither sind die Flugzeuge abbezahlt und es fallen keine Beschaffungskosten mehr an.
Ein Vergleich: Das eingereichte Angebot für den in der Technik-Bewertung deutlich unterlegenen SAAB JAS-39C GRIPEN war bei der gewählten Finanzierungsvariante um nur 3,4 % günstiger.
DIE BETRIEBSKOSTEN
Bei der Darstellung der Betriebskosten gibt es eine gewisse Unschärfe, weil die Abgrenzung von Kosten des Systems EUROFIGHTER zu anderen Kostenpositionen des BMLV nur so gut sein kann, wie es das bestehende Controlling ermöglicht und sich im Zeitablauf auch Änderungen ergeben. Die Angaben weichen allerdings vor allem aus politischen Gründen ab.
Aktuelle Zahlen zu den Betriebskosten liefert die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage vom 04.02.2020 durch Verteidigungsministerin Tanner, welche den jährlichen Betriebsaufwand für das System EUROFIGHTER TYPHOON mit 60 bis 65 Mio. EUR beziffert [2]. Im September 2020 wird der Gesamtbetriebsaufwand für den Weiterbetrieb der Flotte mit rund 64 Mio. Euro pro Jahr angegeben [3]. Diese Zahl ist glaubhaft, denn nach anfänglicher Kritik durch den Rechnungshof müssten mittlerweile die anfallenden Kosten recht gut zugeordnet sein und schriftliche Beantwortungen an das Parlament müssen wahrheitsgemäß erfolgen. Dazu ist es mittlerweile auch politischer Mainstream, die Kosten des EUROFIGHTERS nicht schönzufärben.
In der selben Beantwortung wird angegeben, dass die Kosten pro Flugstunde rund 56.000 Euro betragen. Diese Beträge ergeben sich aus den Kosten für Treibstoff, Ersatz- und Umlaufteile, Betriebsmittel, Instandsetzung und technische Unterstützungsleistungen [3].
In Medienberichten und Politikerreden sind freilich andere Zahlen zu lesen. Verteidigungsminister Doskozil (SPÖ) ließ aufhorchen, als er im Juli 2017 den Ausstieg aus dem System EUROFIGHTER verkündete und dies auch mit den Kosten einer Flugstunde von bis zu 80.000 EUR begründete. Doskozils Nachfolger Kunasek (FPÖ) und Starlinger (Unabh.) relativierten diese Angaben. Laut dem „Internen Bericht der Evaluierungskommission aktive Luftraumüberwachung“, welcher unter Kunasek erstellt wurde, wurden die Betriebskosten des TYPHOONS von Doskozil übertrieben dargestellt, um den Ausstieg zu rechtfertigen.
Ein Vergleich: Der Rechnungshof erlaubt einen spannenden Vergleich zum SAAB DRAKEN, denn laut einem Prüfungsbericht kostete im Jahr 2000 eine Flugstunde des DRAKEN 37.600 EUR [4]. Nach heutiger Kaufkraft entspricht das über 55.000 EUR pro Stunde (Inflationsrechner fxtop.com).
Selbstverständlich sind die Betriebskosten von der Anzahl der Flugstunden und der angestrebten Flotten-Verfügbarkeit abhängig. Durch zusätzliche Flugstunden steigt der Gesamtbetriebsaufwand, doch aufgrund des Fixkostenanteils sinken die Kosten pro Flugstunde.
Frisst nun der EUROFIGHTER TYPHOON dem übrigen Bundesheer die Haare vom Kopf?
Diesen Eindruck bekommt man angesichts der öffentlichen Diskussion. Tatsächlich handelt es sich selbst am Mini-Budget des Bundesheeres gemessen nur um einen kleinen Teil der Heeresausgaben. Das Budget 2020 betrug laut Finanzierungsvoranschlag 2.545,7 Mio. EUR. Davon entsprechen 64 Mio. EUR einem Anteil von 2,51 %. Gemessen an den gesamten Staatsausgaben 2019 in der Höhe von 192,2 Mrd. EUR wären das 0,033 %. Der EUROFIGHTER nimmt daher einen extrem überproportionalen hohen Anteil an der öffentlichen Diskussion in Anspruch. Und das ist vermutlich kein Zufall, lässt es sich doch mit einer neuen Abfangjägerdiskussion herrlich von aktuellen Problemen ablenken.
Quellen:
[1] Luftraumüberwachungsflugzeuge – Vergleich der Republik Österreich mit der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH; Follow–up–Überprüfung, Rechnungshofbericht Bund 2013/2
[2] Beantwortung der parlamentarischen Anfrage betreffend „Luftraumüberwachung in Österreich“ vom 04.03.2020
[3] Beantwortung der parlamentarischen Anfrage betreffend „Keine Nachbeschaffung der Saab 105 und weitere Maßnahmen der Luftraumüberwachung“ vom 09.09.2020
[4] Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes Bund 2002/3
Weiterführende Links:
Luftraumüberwachungs-Mikado; austrianwings.info, 09.07.2020
Eurofighter-Update würde bis zu 210 Mio. Euro kosten; orf.at; 15.07.2020
Was geht noch in die Luft?; Militär Aktuell 1/2020