CH: Drohnen statt Flieger: Setzt der Bundesrat bei der Erneuerung der Schweizer Luftwaffe auf die falsche Strategie?
Adrian Schmid
Er baut Elektroautos, schiesst Raketen ins All und nennt seinen Sohn X Æ A-XII: Nun hat Elon Musk auch noch das Ende der Kampfjet-Ära verkündet. Die Zukunft der Luftkriege werde durch autonome Drohnen bestimmt, sagte der Techunternehmer neulich – ausgerechnet an einer Konferenz der US-Luftwaffe. Und der moderne F-35-Kampfjet «hätte keine Chance», wenn er gegen eine Drohne anträte.
Der Wirbel, den Musk damit auslöste, erreicht nun die Schweiz. In einem Monat entscheidet das Volk über den Kauf neuer Kampfjets für 6 Milliarden Franken. Der F-35 gehört zu den Kandidaten. Den Gegnern liefert Musk einen Steilpass: «Er spricht den relevantesten Punkt an, der von vielen in der Schweiz verdrängt wird», sagt die grüne Nationalrätin Marionna Schlatter. «Wir befinden uns an einem technologischen Wendepunkt.» Für sie wäre es «fahrlässig», jetzt alles auf eine Karte zu setzen.
Heute können Drohnen keine Kampfjets ersetzen. Die neuen Flugzeuge, welche die Schweiz kaufen will, sollen 30 bis 40 Jahre im Einsatz sein. Es ist also durchaus möglich, dass sich Drohnen in dieser Zeit durchsetzen werden.
Drohne gegen Jet: Die USA planen Test im nächsten Jahr
Schon jetzt werden sie weltweit immer wichtiger. Dies zeigen Ereignisse aus dem letzten Jahr: Eine US-Killerdrohne tötete einen irakischen General, Drohnen aus dem Jemen attackierten eine Erdölanlage in Saudiarabien, die französische Armee führte erstmals einen Angriff mit einer bewaffneten Drohne aus, und in Deutschland sprach sich die Verteidigungsministerin dafür aus, die Bundeswehr mit Kampfdrohnen auszurüsten.
Gleichzeitig arbeitet die Rüstungsindustrie bereits an Drohnenschwärmen, die bald Kampfjets zumindest unterstützen sollen. Russland will eine Drohne in Serienproduktion bringen, die für normale Radaranlagen unsichtbar sein soll. Und die US Air Force plant, bereits 2021 in einem Test ein autonomes Flugzeug gegen ein pilotiertes antreten zu lassen.
Der deutsche Militärexperte Christian Mölling geht davon aus, dass es sich bei der nächsten Drohnengeneration um «unbemannte Kampfjets» handeln wird. «Diese Waffen werden autonom Berechnungen anstellen und handeln, wenn es zu Gefechten kommt», sagt er in der «Augsburger Allgemeinen». Allerdings lösen solche Szenarien auch Ängste aus. Es erstaunt wenig, dass gegenüber Drohnen ethische Bedenken geäussert werden.
Strategieprofessor Stahel fordert flexible Beschaffung
Trotzdem sagt auch der emeritierte Strategieprofessor Albert A. Stahel: «Die Zukunft gehört den Drohnen.» Schon der Afghanistankrieg habe gezeigt, dass für die Bekämpfung von Bodenzielen Drohnen immer wichtiger würden. «Weiterentwickelte Drohnen dürften in 10 bis 15 Jahren vermutlich bemannte Kampfflugzeuge auch für Luft-Luft-Einsätze ablösen.» Diese Entwicklung lasse sich nicht aufhalten.
Stahel kritisiert deshalb die Strategie des Bundesrats. «Neue Kampfflugzeuge dürften nur eine Übergangslösung sein», sagt er. Für die alten F/A-18 brauche die Schweiz sicher Ersatz. «Gleichzeitig muss man so flexibel planen, damit man in 15 Jahren definitiv auf Drohnen setzen kann.»
Einen ähnlichen Plan skizzierte Bundesrat Ueli Maurer: «Vielleicht ersetzen wir den F/A-18 teilweise durch neue Flugzeuge, teilweise durch Drohnen und teilweise durch ein Raketenabwehrsystem», sagte der damalige Verteidigungsminister 2014 in einem Interview. Davon will die heutige VBS-Vorsteherin Viola Amherd nichts mehr wissen.
Drohnen taugten weder für den Luftpolizeidienst noch den Schutz in einer Krise, sagte sie kürzlich. In einem Departementsbericht zur Zukunft der Luftverteidigung, der vor drei Jahren erschien, heisst es: «Für die Schweiz sind unbemannte Kampfflugzeuge in absehbarer Zukunft keine Option.» Dass sich die Technik entwickelt, hat das VBS zwar mitbekommen. Den Drohnen werden bis auf weiteres nur ergänzende Aufgaben zugetraut – bei Aufklärungsmissionen und Angriffen von Bodenzielen.
Die VBS-Experten unterstreichen, dass sich Drohnen nicht für den Luftpolizeidienst eigneten. Dort sei der Mensch ein zentraler Faktor. Nur Piloten könnten die Situation in der Luft umfassend beurteilen, «unter Umständen durch Handzeichen» die Besatzung des Flugzeugs, das sich nicht an die Regeln hält, kontaktieren und über Funk mit der Einsatzzentrale und den Behörden kommunizieren. Eine reine Drohnen-Luftwaffe ist für das VBS immer noch Science-Fiction.
Kommentar Roger HARR: Der Journalist erwähnt in seinem Beitrag zwar die verschiedenen Aspekte, jedoch entsteht für den Laien durch den Titel der Eindruck, dass bemannte Kampfjets tatsächlich obsolet sind. Dies wird im hier verlinkten Video relativiert.