CH: Forum Flugplatz Dübendorf – Der von den Kampfjetgegnern empfohlene Leonardo M-346 unter der Lupe

Mit Szenario Skizzen von Markus SCHINDLER

Vom Erfolgsmodell unserer Neutralität bis zur Begründung, weshalb der von den Kampfflugzeuggegnern favorisierte «Leonardo M-346» in einem Luft-Identifikationsfall hoffnungslos zu spät kommt und über einige Argumente von Pro und Kontra lesen Sie im neusten beiligenden Forum INFO Flash 22.

https://forum-flugplatz.ch/wp-content/uploads/2020/09/Forum-Flash-22.pdf

Die Kampfjetgegner behaupten, dass es für soliden Luftpolizeidienst keine „Luxus-Jets“ braucht. Leichte Jets genügen vollauf. Als Alternative zum NKF hat die SP deshalb das italienische Trainingsflugzeug «Leonardo M-346» ins Spiel gebracht.

In der Schweiz gilt für den Luftpolizeidienst die Vorgabe: Permanente Überwachung des Luftraums und nach Auslösung eines Alarms müssen innert 15 Minuten zwei bewaffnete Kampfjets starten können.

Bei der nachstehenden Abschätzung sind folgende Annahmen getroffen:

2019_12, MAURER Fritz, Forum Flugplatz Dübendorf
  • Der Luftpolizeidienst wird ab Payerne geflogen. Aus Rücksicht auf die Tourismus-Region Haslital verlegt die Luftwaffe den Jet-Flugbetrieb in den Sommer- Ferienmonaten jeweils nach Payerne. Ein Passagierflugzeug (z.B. «Airbus 319») überfliegt auf der Luftstrasse Süd-Nord unser Land und soll mit einem «Leonardo M-346» kontrolliert werden.
  • Bei Zielflugzeug 50 km vor der Landesgrenze wird in Payerne ein Alarmstart befohlen.
  • 12 Min. nach dem Alarm startet der Luftpolizei-Jet in Payerne. Das Zielflugzeug hat zu diesem Zeitpunkt den Raum Vierwaldstättersee erreicht.

Ergebnis der Abschätzung

  • Ab Payerne kann der Leicht-Jet «Leonardo» das Zielflugzeug über unseremStaatsgebiet nicht erreichen.
  • Für den mit 90% seiner max. Geschwindigkeit anfliegenden Kampfjet F/A-18 liegt der Treffpunkt mit dem Zielflugzeug im Raum Kloten.
  • Hätte der F/A-18 bis zum Start die ganze mögliche Vorgabezeit von 15 Min gebraucht, so verschiebt sich der Treffpunkt ebenfalls ausserhalb die nördliche Landesgrenze.

Und hier noch einige weitere Szenarien, welche den F/A-18 mit dem Leonardo M-346 vergleichen

Eine erste Grafik zeigt folgendes Szenario: Ein Airliner überfliegt auf 13 km Höhe und mit 940 km/h einen Flugplatz, von dem eine F/A-18 resp. ein M-346 abhebt, zum Airliner aufsteigt und ihn abfängt…
Im Fall des F/A-18 (orange) hat der Kampfjet den Airliner (rot) schon nach 80 Sekunden abgefangen.
Ja, der M-346 (blau) schafft das auch, aber er braucht dafür 280 Sekunden. Der Airliner legt in dieser Zeit rund 73 Kilometer (etwa die Distanz Basel-Zürich) zurück, während der Hornet das Zielflugzeug schon nach 21 Kilometern erreicht hat!
Es reicht halt nicht, bloss die Steigleistung anzuschauen und festzustellen, dass der Trainer innerhalb 2 Minuten auf die Flughöhe des Airliners steigen kann, sondern man muss dabei bedenken, dass der Trainer dabei bloss mit maximal 560 km/h fliegt, während ihm der Airliner dabei mit 940 km/h davondüst.
Beim Kampfjet habe ich hier sehr konservativ und vorsichtig 750 km/h angenommen – erfahrungsgemäss liegt da aber selbst im Steigflug mehr drin!
(C) Markus SCHINDLER
Das nächste Szenario zeigt wie ein Airliner von Frankreich her kommend auf 13 km Höhe die Schweiz mit 940 km/h überfliegt. Beispielsweise könnte es sich hierebei um ein Linienflugzeug mit Terrorismuswarnung (so geschenen etwa erst gerade vor ein, zwei Tagen in Grossbritannien) handeln…
Wenn sich der Airliner noch 75 km vor der Schweizer Grenze befindet, steigen zwei F/A-18 in Payerne auf, um ihn abzufangen und zu begleiten: Die Hornets steigen mit 750 km/h auf die Flughöhe des Airliners, durchbrechen dann die Schallmauer und erreichen den Airbus schon nach rund 5 Minuten, gerade als dieser in den Schweizer Luftraum eintritt.
Die Hornets begleiten und beschatten den Airliner, während dieser in den nächsten sechs Minuten die Nordostschweiz überfliegt. Anschliessend würden sie ihn an die östereichische Luftwaffe übergeben, oder, hier in diesem konkreten Szenario möglicherweise wahrscheinlicher, den Linienflieger noch weitere (hier nicht dargestellte) Minuten begleiten, bis der Airliner auch den letzten Zipfel der Schweiz hinter sich lässt.
(C) Markus SCHINDLER
Anders sieht dasselbe Szenario aus, wenn anstatt der „Luxus-Kampfjets“ ein moderner kampftauglicher Jettrainer wie der M-346 verwendet wird:
Die beiden in Payerne gestarteten M-346 erreichen den Airliner erst nach etwa 10 Minuten, und bis zu diesem Zeitpunkt hat der Linienflieger während über 4 Minuten unkontrolliert den Schweizer Luftraum durchflogen – wohlgemerkt ein potentiell von Terroristen entführtes Grossraumflugzeug, das das ganze Zürcher Ballungsgebiet unbehelligt durchquert!
Schliesslich erreichen die leichten Jets dann den Airliner auch noch, können ihn aber nur noch während etwa eineinhalb Minuten begleiten, bevor er die Schweiz wieder verlässt.
Fazit: Dieser „Abfangeinsatz“ durch leichte Trainingsjets nützt schon mal grad gar nichts, und erfüllt den Luftpolizei-Auftrag der Luftwaffe NICHT!
(C) Markus SCHINDLER
Beim nächsten Szenario geht es schon etwas brutaler zu und her, man kann es aber auch (dann ohne Lenkwaffeneinsatz) als Luftpolizei-Beispiel betrachten…
Hier nun wird ein Flugzeug vom Radar erfasst, welches auch wieder mit 940 km/h auf 13km Höhe Richtung Schweiz fliegt, hier aber von Nordosten her, direkt auf Zürich zu. Es könnte sich hierbei um ein angreifendes Flugzeug handeln, oder (wieder das Beispiel ohne Waffeneninsatz) um ein Flugzeug, welches aufgrund technischer Probleme nicht auf die Anweisung der Luftverkehrsleitung reagiert, und bei dem man deshalb auch schlimstenfalls von einem geplanten Terroranschlag ausgehen muss…
Die Hornets steigen wiederum von Payerne auf, und fliegen so schnell es geht auf den Eindringling zu. Sie erreichen ihn nach 6 Minuten – zwei Minuten (resp. ca. 30 km), bevor dieser Zürich erreichen würde. Das eindringende Flugzeug kann in dieser Zeit von den Luftwaffenjets zum Abdrehen oder zur Landung gezwungen werden.
Im Kriegsfall wären die Hornets dank ihrer radargelenkten Mittelstrecken-Lenkwaffen AMRAAM in der Lage, den Eindringling auf ca. 150 km Entfernung zu bekämpfen! Sprich die Hornets könnten schon etwa 2 Minuten nach dem Start die Lenkwaffen abfeuern, und der Gegner würde von der mit vierfacher Schallgeschwindigkeit fliegenden Lenkwaffe noch über dem Bodensee abgeschossen.
(C) Markus SCHINDLER
Wieder anders sieht dieses Szenario mit den mit Sidewinder Kurzstrecken-Lenkwaffen bewaffneten M-346 Jettrainern aus:
Erst nach 8 Minuten würden die M-346 den Eindringling erreichen, mit nur noch wenigen Kilometern und Sekunden bis dieser sein mögliches Ziel in Zürich erreicht!
Auch dieser Jet könnte bekämpft werden, die Leistungsparameter der Sidewinder-Lenkwaffen erlauben aber nur einen Einsatz aus kurzer Distanz, und der Luftkampf würde praktisch über dem Grossraum Zürich stattfinden…
Fazit: Auch in einem solchen Szenario ist der M-346 Jettrainer den Anforderungen der Luftwaffe NICHT gewachsen.
(C) Markus SCHINDLER

Diese Szenarien sind nur Beispiele, und die Rechnungen resp. Abschätzungen denen sie zugrunde liegen sehr rudimentär und unvollständig. Trotzdem zeigen sie aber eindrücklich die Grössenverhältnisse und Differenzen auf, die in der Frage ob ein Jettrainer wie der M-346 auch den anspruchsvollen Job eines echten „Luxus“-Kampfjets (wie die Gegner so gerne zu sagen belieben) erfüllen kann, relevant sind. Und klar, es gibt viele mögliche Szenarien, in denen der M-346 hinkommt, Aber er deckt eben bei weitem nicht alles ab, was benötigt wird, um die Sicherheit der Schweiz flächendeckend und zu jederZeit, in jeder Situation zuverlässig sicherzustellen!

Bilanz: Zum Schutz gegen solche Einsätze braucht der angegriffene Staat eine funktionierende Luftverteidigung mit modernen Hochleistungskampfflugzeugen. Der Billig-Jet der Kampfflugzeuggegner kostet zwar weniger als ein Hochleistungskampfflugzeug. Da er jedoch nicht einmal für den Luftpolizeidienst brauchbar ist, wäre er eine reine und echte Geldverschwendung.

CH: Forum Flugplatz Dübendorf – Der von den Kampfjetgegnern empfohlene Leonardo M-346 unter der Lupe